"Rumi" - ein wahr gewordenes Weihnachtsmärchen

Rechtzeitig zu Weihnachten möchten wir Euch alle an der schönen  Geschichte von Rumi, einem ehemaligen Straßenhund teilhaben lassen. Eine  wirklich lesenswerte Geschichte!  

Besonders  in  den  Sommermonaten  erreichen  uns  Hilferufe  von  Urlaubern,  die  ein  verletztes  oder misshandeltes Tier gefunden haben, die erschrocken sind über die vielen herrenlosen Tiere oder die – wie in diesem Fall- dem armen, verstoßenen Hund ein Zuhause für immer geben möchten.  


Man fährt in den Urlaub, ahnt nichts „Böses“, will einfach nur entspannen und den Alltag hinter sich lassen,  aber  schwuppps6  ist  man  mittendrin.  So  auch  unsere  beiden  Urlauber,  die  den  Sommer über oft in Cesme bei Izmir verbringen.  


In einem Strandrestaurant bekommen sie einen jungen Hund „angeboten“, der vor einiger Zeit aus miserablen Umständen gerettet wurde und seitdem in dem Restaurant lebt – zusammen mit einem Rottweiler.  


Da das Restaurant geschlossen werden sollte, hätte man den jungen Hund auf die Straße gesetzt und sich selbst überlassen, dies konnten und wollten unsere Urlauber nicht zulassen, zumal sie sich bereits in diesen jungen Kerl verliebt hatten und wie es scheint –auch anders rum- denn der Hund wich  nicht  mehr  von  ihrer  Seite  und  so  kam  es,  dass  sie  ihn  mit  in  ihr  Haus  nahmen.


Auch  um  alle  noch  erforderlichen  Ausreisepapiere  kümmerten  sie  sich,  Impfungen,  Blutabnahme usw. Alles wurde erledigt. Da aber eine lange Wartezeit zwischen den Tests und der Ausreise nach Deutschland liegt, brauchten Sie Hilfe und deshalb wandten sie sich an einen in der Türkei tätigen Verein, die sich wiederum bei uns meldeten, da Cesme nicht in deren Tätigkeitsregion fällt.  


So, nun sind einige Monate vergangen und der inzwischen große Hund durfte nach Deutschland reisen, pünktlich zur Weihnachtszeit.  


Stellvertretend für viele Hunde und Katzen, die in Deutschland ihr Glück gefunden haben und dies mit ihrer unendlichen Zuneigung danken!  


In diesem Sinne wünschen wir euch allen einen schönen 3. Advent und möchten uns nochmals ganz herzlich  bei  den  Urlaubern  bedanken,  die  nicht  die  Augen  verschließen  und  die  unsere  Flugpaten sind.  


Und  natürlich  auch  Danke  an  unsere  Spender  und  Unterstützer,  denn  nur  mit  eurer  Hilfe  können auch wir helfen.  


Und hier noch dass Special, denn Kathi – Rumis neues Frauchen- hat ihre Gedanken und Gefühle festgehalten, es ist ein halber Roman, aber dennoch soooo schön. Danke Kathi!  

 

„Rumi“ - ein wahr gewordenes Weihnachtsmärchen


"Im Sommer diesen Jahres haben wir einen jungen türkischen Straßenhund zu uns genommen. Mein Lebensgefährte  Ercan  und  ich  hatten  uns  am  Vormittag  dieses  August-Tages  ausführlich  darüber unterhalten, ob wir es nun machen oder nicht. Ercan wohnte den Sommer über im Sommerhaus seiner Schwester im schönen Ort Cesme-Ilica, um sich eine längst fällige Erholung am Meer und etwas Abstand von Deutschland zu gönnen. Ich war später nachgereist und die erste meiner vier Wochen
Urlaub war gerade um.  Wie an den vorangegangenen Tagen auch verweilten wir entspannt auf der Terrasse und taten einfach Nichts.  


Am Abend zuvor hatten wir Rumi zum ersten Mal gesehen - wir waren zum Dinner mit einigen von Ercans Bekannten in einem wirklich schönen und recht abgelegenen Beach-Restaurant, einem dieser Orte, die eher nur von Ansässigen besucht werden und auch nur von diesen überhaupt gefunden werden.  


Irgendwann  wechselt  der  Asphalt  in  Sand;  tiefe  Schlaglöcher  erklären  die  Jeeps  der  anderen  (wir kamen in Ercan's Alfa Romeo aber auch irgendwie an...)  


Eine  türkische  Tierschützerin  aus  dem  Bekanntenkreis,  die  selbst  schon  mehrere  Hunde  hat  und stets Augen und Ohren offen hält, wenn es gilt, Tieren in Not zu helfen, hatte Ercan von Rumi, dem jungen Straßenhund erzählt, der damals noch gar nicht Rumi hieß, sondern Chaiselongue.  


Wer ihn so getauft hatte und warum, weiß ich nicht. An jenem Abend zumindest hörte er sowieso eher nicht, schon gar nicht auf irgendeinen Namen und hatte eigentlich nur Schabernack im Sinn.  


Bei diesem Abendessen also, Tische und Stühle wurden für uns in den weichen Sand des langen Strandes platziert, wir waren mit den Füßen fast im Wasser und genossen den gerade stattfindenden Sonnenuntergang, da sprangen in orangerotes Licht getaucht der noch welpenhaft wirkende Rumi mit dem hellen Fell und sein Hunde-Kumpel, ein Bär von einem Rottweiler-Rüden, um uns, also um die Tische und unter den Tischen herum. Dieser Koloss von einem Rottweiler, das dreifache in der Masse Rumi‘s, muss wohl einen Narren an dem jungen hellen Rüden gefressen haben; jedenfalls durfte der mit dem schwarzen Riesen alles, aber auch wirklich alles machen.  Es war rührend, mit anzusehen, wie dieser bullige Rüde mit dem Wesen eines Engels einem anderen Rüden erlaubte, ihm regelrecht auf der Naserumzutanzen. Sicherlich hatte das auch mit Rumis Welpen-Alter zu tun, er muss etwa 6 Monate alt gewesen sein. Trotzdem muss ich sagen, dass ich nie einen solchen Rottweiler getroffen habe, der gleichermaßen extrem zärtlich und gutmütig allem und jedem gegenüber, dabei stark, groß und bereits ausgewachsen ist.


Rumi und ich hatten bereits aus einigen Metern Entfernung Augenkontakt, als wir das wirklich bezaubernde Areal der Restaurant-Bar am feinsandigen Strand betraten.


Für Rumi hätte an diesem traumhaften Flecken in noch recht unberührter Natur alles schön sein können, wenn nicht die Betreiber Rumi wieder weggeben mussten; sie wollten den von der Sommersaison abhängigen Betrieb in der Woche darauf schließen und nur den Rottweiler behalten.  


Rumi war nur übergangsweise einer Bekannten zuliebe dort untergebracht; jene Tierschützerin, die Rumi irgendwann im Sommer auf einer Baustelle angebunden entdeckt und mitgenommen hatte. Da sie aber selbst bereits mehrere Hunde hat, konnte sie diesen jungen Straßenhund nicht auch noch dazu  nehmen.  Sie  bemüht  sich  aber  stets,  oft  gemeinsam  mit  einer  befreundeten  Zeitungs-Reporterin, Tierschicksale aufzudecken, an die Öffentlichkeit zu bringen und Tiere in Not gut zu vermitteln.  


Bis ich damit einverstanden war, den Hund gleich am darauffolgenden Tag zu uns zu holen, hat mein Lebensgefährte  echte  Überzeugungsarbeit  leisten  müssen.  Nicht  deshalb,  weil  wir  gerade  Urlaub machten oder weil ich es mir oder uns grundsätzlich nicht zugetraut hätte, einen Hund zu halten. Ich bin mit Hunden aufgewachsen; wir hatten zu Hause immer einen oder sogar zwei Hunde, die sehr jung  kamen  und  ihr  ganzes  Leben  bei  uns  verbrachten.  Daher  weiß  ich,  dass  Verantwortung  und auch Arbeit dahinter steckt und ein Hund mit mehr Aufwand zu halten ist als eine Katze.  


Ich habe seit über 12 Jahren eine Katze; der rote Tiger war damals etwa ein halbes Jahr alt, als wir ihn aus dem Tierheim holten. Niemand wollte ihn haben, sagten sie uns dort, vielleicht wegen seines chronischen Katzenschnupfen oder weil er damals so streitlustig und bissig war, dass man ihn aus diesem Grund allein in ein separates Gehege sperren musste, in das selbst die sonst katzennärrische Mitarbeiterin des Tierheims ungern einen Fuß setzte.  Auch Ercan und mich hat der kleine rote Teufel damals alles andere als umgarnt. Wir nahmen ihn trotzdem mit - und haben das keinen Tag bereut. Bereits bei Ankommen zu Hause war da kein Beißen und Kratzen mehr, heute ist er gemütlich-rundlich, schniefend und niesend, laut schnarchend, verschmust und charmant wie kein Zweiter, leidenschaftlicher Freigänger mit Kampfgeist zwar noch, meistens aber eher Indoor-Mega-Schmuser - und da natürlich auf den besten Plätzen, wie sich das für Katzen gehört....  


Nun, um auf Rumi zurückzukommen - da war auch ein leiser Zweifel in mir, ob das mit dem Kater denn gut gehen würde. Ich wollte auf keinen Fall, dass einer von uns unter dem Stress des Zusammenlebens zu leiden hatte – vor allem nicht mein nun schon etwas betagter Kater, der zwar ein dominanter und wesensstarker Zeitgenosse und auch kein Hundehasser ist. Aber er sollte in jedem Fall weiterhin alle seine gewohnten Rechte auf sein bequemes und schönes Leben haben, das war und ist mir das allerwichtigste.  


Aber Ercan brachte mich in unserem Gespräch irgendwie darauf, dass man auch einmal etwas versuchen sollte, selbst wenn nicht sofort alles dafür spricht, zumal es ja um ein Leben geht - das Leben eines Hundes, das auf der Kippe steht und das ich durch den Entschluss, ihn zu mir zu nehmen, entscheidend  zum  Guten  wenden  kann.  Ich  dachte  mir,  wenn  mein  Lebensgefährte  mich  mehrmals nachdrücklich darum bat, es mir genau zu überlegen, ob es denn nicht besser wäre, den Hund zu nehmen und ihn nicht seinem Straßenhund-Schicksal zu überlassen; und wenn er mir fast jedes meiner Argumente gegen den Hund ausredete und mir meine Bedenken nahm - ja, sollte es dann vielleicht eben so sein, ein Wink des Schicksals?  
Also holte ich tief Luft und sagte schließlich "Ja". Ein entscheidender Schritt - wie gesagt, vor allem deshalb, weil ich ja weiß, was es bedeutet, einen Hund zu haben, ihn täglich Gassi zu führen und zu erziehen. Das sind Aufgaben, die man zum Beispiel mit einer Katze gar nicht hat. Und ich bin nicht der Typ, der mal eben so ein Tier nimmt und es dann ein paar Tage oder Wochen später wieder abgibt, wenn es unbequem wird. Da ich auch dies genau wusste, dass ich das Tier dann sicherlich sein ganzes Leben lang haben werde, war der Schritt zum "Ja" ein wirklich großer.  


Kaum ausgesprochen, griff Ercan zum Autoschlüssel. Sengende Hitze zwar, aber das Auto hat doch Klimaanlage. Auf dem Weg noch rasch beim Supermarkt für Haustierbedarf halten, Hundeleine kaufen - dann erneut mit dem Alfa tapfer über die Schlaglöcher. Die Angestellten des Restaurants nicken, als Ercan den Grund unseres Kommens nennt und holen den Hund aus einem Schuppen, dort stundenweise  gemeinsam  mit  dem  Rottweiler  gesperrt,  um  Gäste  am  Strand  oder  im  Restaurant nicht zu stören.  


Gemischte Gesichtsausdrücke bei den Kellnern und Köchen: Mimiken zwischen Überraschung und Verständnislosigkeit, ich erhaschte sogar einen anflugartigen Hauch des Bedauerns oder einer Art Trauer in einem Gesicht - aber nur ganz kurz.  Mir tat nur der Rottweiler leid; verlor der doch seinen Freund.  


Den Namen Rumi hab' ich ihm gegeben, noch bevor wir losgefahren waren, ihn zu holen. Rumi, persischer Mystiker im Mittelalter, lebte u. a. auch in der Türkei und starb dort im Jahr 1273. Was ich bisher von ihm las, war irgendwie besonders und hat mir immer gefallen. Ich glaube, er war einer von denen,  die  ihrer  Zeit  voraus  waren. Seine  Lehre  basierte  u.  a.  darauf,  dass  er  die  Liebe  als  die Hauptkraft des Universums ansah. Genauer gesagt ist das Universum ein Harmonisches Ganzes, in
dem jeder Teil mit allen anderen in einer Liebes-Beziehung steht. Er predigte immer Toleranz, Liebe und Freiheit.


Folgender ist mein Lieblingsvers von ihm, vor Jahren irgendwo gelesen - hat  mich sehr fasziniert:


"Wieso bleibst Du in Deinem Gefängnis, wo die Tür so weit offen steht?"  


Kurz  bevor  ich  mich  entschied,  "Ja"  zu  sagen,  um  den  Hund  zu  holen,  fiel  mir  aus  unerfindlichen Gründen jener Vers ein. Daher heißt der Hund nun Rumi.  


Klar, manche Stunden der folgenden Tage im Sommerhaus mit Rumi waren ganz schön fordernd - das liegt in der Natur der Sache: ein junger, gesunder, aufgeweckter Straßenhund... ist plötzlich in einem Haus, mit Terrasse, mit zwei Stockwerken und vielen Zimmern. Mit Garten. Und einer sehr niedrigen Mauer drum herum.  Kann man locker drüber springen, wenn mit dem Anleinen doch mal was schief ging. Es gibt überall Nachbarn, und die ganz dicht daneben, die in der anderen Doppelhaushälfte, die haben einen Golden Retriever... Und da sind die Katzen, die zum Haus gehören.

 

Und da steht überall Katzenfutter, und der Nachbarhund kriegt so leckere Sachen zum Essen. Und kein Rottweiler mehr da zum Toben. An der Leine mit den beiden "alten" Leuten laufen, anstatt am Strand zu toben.  


Allabendlich hat er Ercan und mir um die gleiche Uhrzeit die Nerven geraubt und wirklich nur Blödsinn gemacht; das war genau die Uhrzeit am Abend, zu der er immer zum Toben aus dem Schuppen gelassen wurde, weil die Strandgäste weg waren. Das hatte er einfach noch im Bauch...  


Entspannt Urlaub machen ist natürlich anders...  


Aber  schon  in  der  ersten  Nacht  legte  er  sich  unaufgefordert  und  ohne  auch  nur  das  leiseste  Geräusch zu machen, neben mein Bett auf den Boden.  Am nächsten Morgen, ich schlief viel länger als sonst bis fast 10 Uhr, bewegte er sich erst, als ich mich streckte und schaute mit einem Gähnen zu mir hoch, als ich verschlafen nach ihm runterschaute. Ich glaube, er hätte da sonst noch Stunden mucksmäuschenstill gelegen. Im Grunde ist das so geblieben; ist eher ein Langschläfer.  


Bis  hier  und  heute  in  diesen  letzten  Tagen  des  deutschen  Dezember,  wo  Rumi  jetzt  ist,  kann  ich wirklich nur sagen, dass er sich außergewöhnlich gut allen Situationen anpasst und kaum aus der Ruhe zu bringen ist. Wenn ich anderen Hundebesitzern begegne und erzähle, dass ich den Hund erst seit 10 Tagen habe, schauen sie ungläubig abwechselnd auf den Hund und in mein Gesicht. Es ist unfassbar, aber Rumi hört auf's Wort - was bei manch anderem Herrchen oder Frauchen schon mal neidvolle Blicke auslöst - und er geht abgeleint spazieren, spielt toll mit Artgenossen - oft im Rudel mit bis zu 7 freilaufenden Hunden; die Bewohner in Rumis neuem Wohngebiet sind in der Überzahl Hundebesitzer.  


Auf ein Rufen von mir, selbst von weiter weg und eher leise - kommt er gerannt, ohne lange Wartezeit. Ein Bekannter von mir, angehender Hundetrainer, wollte kaum glauben, dass der Hund, den er vor sich sah, gerade mal vor 7 Tagen mit dem Flugzeug von Izmir nach Frankfurt geflogen war und meinte, "dafür wäre er aber extrem cool".  


Ich war auch angenehm überrascht, als ich Ercan mit dem Hund am Flughafen Frankfurt endlich wiedersehen durfte - Rumi ganz groß geworden, so gewachsen - total gelassen und freundlich in seiner großen  Box.  Der  Hund  sollte  gerade  einen  Flug  hinter  sich  haben?  Mit  all  den  Gerüchen,  Geräuschen, Temperatur- schwankungen, plötzlich getrennt von Herrchen?  


Wie ich ihn bis heute kennengelernt habe, ist er extrem gelehrig, generell drinnen und draußen problemlos, liebt Autofahren über alle Maßen, egal wie lang und wohin, bleibt auch allein im Auto während man einkaufen geht, nimmt die Dinge gelassen, ist nicht nervös, natürlich ist er sozial, was man ja den Hunden "aus dem Süden" immer so nachsagt, und auch bei ihm trifft es zu.  


Er kann super gut mit anderen Hunden aller Art, Geschlecht und Größe, verträgt sich mit Katzen, reagiert freundlich aufgeschlossen oder vollkommen neutral bis hin zu desinteressiert auf Menschen aller Art, auch auf Kinder, reagiert also auf keinen Menschen-Typus besonders.  


Nach Mäusen gräbt er halt gern, Raben jagt er manchmal gern - er merkt sich Dinge sofort, ist clever und trickst einen schon mal aus, z. B. guckt er konzentriert auf einen Punkt hinter einem, so dass man sich umdrehen muss, um zu sehen, was er denn da sieht - um dann festzustellen, dass da gar nichts ist und er diesen Moment für sich nutzt, um irgendetwas zu schnappen oder fressen, wo er genau weiß, dass er es nicht soll (muss dann versuchen, ihm das nicht zu doll zu zeigen, wie faszinierend ich das finde)....  


Nur mit dem Fressen, das haben wir noch nicht so raus. Hundefutter frisst er nicht - ich glaube, die Zeit im Restaurant hat ihn da schwer geprägt.... das mit dem Füttern ist schon eine tägliche echte Herausforderung. Aber mit der Zeit wird das schon gehen. ..."