Der erst wenige Wochen alte Siam-Mischlingskater "Chico" wurde von einem deutschen Ehepaar, das in Spanien Urlaub machte, mit einem Halsband um den Hals und daran angeknüpft eine Kordel, mit der er an der Mülltonne festgebunden war, gefunden.
Da sie ihn nicht in ihre Unterkunft mitnehmen und ihm auch in Deutschland kein Zuhause geben konnten, suchten sie nach einer Möglichkeit für ihn. So fragten sie unter den Urlaubern herum, ob jemand Chico, wie sie ihn nannten, ein Zuhause geben und ihn mit nach Deutschland nehmen möchte.
So trafen sie auch auf einen Rechtsanwalt aus Neuss, der mit seiner Familie Urlaub machte und den kleinen Kater mitnahm. Seine Familie blieb noch in Spanien.
Als Chico nun in Deutschland war, stellte sich heraus, dass er einen Hautpilz hatte. Der neue Besitzer hatte Angst, sich anzustecken und sperrte den kleinen drei Monate alten Chico ins Gäste-WC. Er hatte auch kein Interesse (mehr) daran, sich mit dem kleinen Kerl abzugeben, der - nach seiner eigenen späteren Aussage - fürchterlich weinte und jammerte.
Das wollte der Mann nun auch nicht und suchte seinerseits nach einer Lösung. Er sprach die damalige Leiterin des Fressnapf an und diese erzählte es wiederum uns.
Da gab es ja überhaupt keine Überlegung! Natürlich sollte der kleine Mann zu uns kommen. Mit den richtigen Mitteln kann man den Pilz recht schnell loswerden und Angst, uns anzustecken hatten wir nicht. Da gab es schon schlimmeres!
Also nahmen wir Kontakt mit dem Herrn auf und erfuhren, dass er den Kater am Morgen in eine Tierklinik in Erkrath gebracht hätte. Diese hätten ihn aber bereits aufgefordert, den kleinen Kater umgehend wieder abzuholen, da er ja hoch ansteckend sei und außerdem nur schreien würde...
Na, was dachten die wohl! Drei Monate alt, ausgesetzt, nach Deutschland geflogen, erkrankt, ins Klo gesperrt, keine Liebe und kaum menschlichen Kontakt, keine Katzenfreunde und jetzt auch noch in der Tierklink, die ihn nicht wollte ...
Wir sorgten dafür, dass er umgehend zu uns kam und waren entsetzt über das Armutszeugnis, dass sich die Menschen, die bislang um Chico herum waren, selbst ausgestellt hatten.
Der Kater hatte riesengroße Flecken am ganzen Körper, wo der Pilz kein Fell mehr gelassen hatte. Die Behandlung die er bislang bekam - sofern er denn eine erhalten hatte - war unglaublich mangelhaft gewesen.
Aber am Schlimmsten war noch der Ausdruck in seinen Augen, die so unendlich traurig schauten:
Eigentlich hätte Chico mit dem Pilz in "Einzelhaft" bleiben müssen, aber wir brachten es nicht über's Herz, ihn wieder wegzuschließen. Nachdem die Behandlung einige Tage durchgeführt worden war, durften dann unser eigener Tom, der sich immer um die ängstlichen, kranken und schwachen kümmert, bei ihm bleiben.
Den Pilz brachten wir schnell unter Kontrolle und die vielen Flecken wuchsen nach, aber Chico's Blick änderte sich nicht. Zu tief waren seine seelischen Wunden.
Auch als er endlich in den Garten durfte, in der Sonne lag oder durch den Garten schlenderte, merkte man noch immer, dass er sehr, sehr traurig war und niemals - auch beim besten Leckerchen - legte er diesen gequälten Blick ab.
Wir wussten, dass er noch lange Zeit brauchen würde, um zu vergessen.
Immer wieder machten wir Fotos von Chico, denn nebeneinander gelegt kann man den Unterschied viel besser erkennen. Mit der Zeit wurden es immer mehr Fotos und nach einigen Wochen werteten wir diese aus. Als sie nebeneinander lagen, konnten wir den Unterschied sehen. Chico's Seele erholte sich - sein Blick veränderte sich!
Chico war schon sehr lange bei uns, als Kadife aus der Türkei zu uns kam. Für Beide war es fast Liebe auf den ersten Blick und innerhalb kürzester Zeit sah man sie immer nur zusammen. Getrennte Wege gingen sie nicht!
Kadife - die Straßenkatze - brachte Chico bei, sich im Freigang zu bewegen, aber niemals eine Straße zu überqueren. Sie liefen zusammen aus dem Haus und wenn sie sich zwischendurch aus den Augen verloren, kamen sie nach Hause, um den anderen zu suchen.
Wir oft kam es vor, dass Chico schreiend vor der Tür saß. Wir ließen ihn rein, er rannte durch's Haus, in den Garten und - wenn Kadife nicht da war - prompt wieder raus, um sie zu suchen. Meistens dauerte es keine 5 Minuten, bis Kadife auftauchte, ebenfalls in Haus und Garten nach Chico suchte, um dann wieder rauszurennen und außerhalb des Hauses und Grundstücks nach ihm zu suchen ... Wir lachten oft über unser "Liebespaar".
Chico's Seele war geheilt!
Wenige Tage nachdem auch Candy aus der Türkei bei uns angekommen war, kam eine Familie, die Chico kennenlernen wollte. Allerdings eigentlich "nur" Chico, was defintiv nicht ging!
Während die Familie noch mit uns darüber sprach, ob sie Beiden (sie hatten bereits einen ältern Kater Zuhause) ein Zuhause geben möchten, spang Candy, die sich bislang verschüchtert in einer Höhle des Kratzbaums versteckt hatte, herunter und genau vor die Füße der Interessenten. Sie gähnte, streckte sich und warft sich dann vor ihnen auf den Boden, um sich den Bauch kraulen zu lassen.
Die Familie fuhr später nach Hause, um über das Erlebte nachzudenken. Denn so ist es immer: Eine Nacht muss darüber geschlafen werden, bevor wir einer Vermittlung zustimmen!
Am nächsten Tag klingelte dann das Telefon und wir hörten, dass wir ganze Arbeit gleistet hätten. Die Familie wollte allen drei Katzen - Chico, Kadife und Candy - ein Zuhause geben.
Und so zogen die Drei dann um. Einige Monate später besuchten wir sie nochmals und fanden glückliche Tiere vor: